Einfach mal das Schlachtfeld verlassen - Wie man seinen Stress entmachtet

Herzlich willkommen zum ersten Teil einer Serie, die sich mit dem Weg zu einem sinnerfüllten und zufriedenen Leben beschäftigt. Das Thema ist dabei wohl wichtiger denn je, denn auch wenn wir in der westlichen Welt beeindruckende Fortschritte im Bereich des materiellen Wohlstands erreicht haben, sieht es auf der geistigen Seite anders aus. 87% der Deutschen klagen über zu viel Stress, 60% sehen sich vom Burnout bedroht, 26% leiden unter depressiven Beschwerden und 9% haben eine klinisch diagnostizierte Depression.
Als Auftakt dieser Reise, möchte ich euch daher eine lösungsorientierte Methode vorstellen, mit der ihr euren Stress ein wenig entmachten könnt. Diese kommt aus der sogenannten Acceptance and Commitment Therapy, kurz ACT und das Ganze stelle ich unter den Titel: Einfach mal das Schlachtfeld verlassen.
Als kleine Vorwarnung: Damit ihr den maximalen Nutzen aus dem Ganzen ziehen könnt, werdet ihr im Verlauf des Lesens dreimal dazu aufgefordert, selbst tätig zu werden und die ersten beiden Male ziemlich direkt. Und zwar sollt ihr euch als allererstes bis zu 5 Worte überlegen und idealerweise notieren, die eure Stressbewältigungsstrategien darstellen, also Beispielsweise so etwas wie: Joggen, Fernsehen, aber natürlich auch so etwas wie Alkohol und Schokolade. Also schnappt euch einen Zettel und frohes Notieren!
Erledigt? Sehr gut…und wenn nicht, auch kein Problem, denn frei nach Jean Pütz habe ich das schonmal was vorbereitet, und zwar eine wunderschöne Wordcloud, die von Teilnehmern eines meiner Seminare erstellt wurde.

Ihr seht, wir haben ein breites Spektrum von Rotwein, mit Freunden sprechen, Tee, Spazierengehen und Joggen (jedem das seine nehme ich an). Ihr könnt ja mal schauen, ob ihr euch dort auch wiederfindest.
Jetzt ist es Zeit eine Strategie auszuprobieren, die gerne von Kindern angewendet wird, wenn ihnen etwas nicht passt und zwar: einfach mal die Luft anhalten. Ich weiß, es mag jetzt nicht wirklich konstruktiv wirken, aber ich bitte einmal um Vertrauen. Ich würde euch also einmal bitten euch eine Uhr bereitzulegen und dann einmal zu testen, wie lange ihr die Luft anhalten könnt. Viel Erfolg!
Erledigt? Super. Dann ist es jetzt Zeit für eine Beichte: Wie sich der ein oder andere schon gedacht haben mag: Luft anhalten ist gar keine gute Stressbewältigungsstrategie. Tatsächlich ging es hierbei ganz im Gegenteil um einen künstlichen Stressor, mit dessen Hilfe ich hoffentlich die Wirksamkeit der ACT-Methode illustrieren kann.
Werft noch einmal einen kurzen Blick auf die Stressbewältigungsstrategien meiner Seminarteilnehmer und ihr könnt schauen, ob das, was ich sage, auch auf eure Stressbewältigungsstrategien zutrifft. Und zwar fällt auf, dass es sich dabei vor allem um Ablenkungen, bzw. nachträglichen Abbau von Stress handelt. Das ist auch nicht schlecht, ganz im Gegenteil, aber ich möchte trotzdem gerne eine Ergänzung vorschlagen.
Der Ansatz dieser Idee steckt dabei schon im ersten Wort der Acceptance and Commitment Therapy: Akzeptanz. Es geht also weder darum die eigenen Probleme tiefenpsychologisch zu durchleuchten und auch nicht darum sie zu ignorieren. Stattdessen geht man in das Problem, in das schlechte Gefühl hinein und nimmt es an, akzeptiert es.
Aber warum sollte man das tun? Schlussendlich hatte ich ja gesagt, dass es hier um eine lösungsorientierte Methode geht und wenn beispielsweise mein neues Auto kaputt ist, nützt es relativ wenig, wenn ich das akzeptiere und mehr, wenn ich es zur Werkstatt bringe.

Das Problem ist nur, dass die Werkzeuge, mit denen wir versuchen uns selbst zu reparieren, oft nicht sonderlich gut geeignet sind, vor allem, wenn es um Probleme geht, die wir schon lange mit uns rumschleppen. Der ein oder andere von euch mag es kennen, ich in jedem Fall: Es gibt diese Themen, die man immer wieder im Kopf herumwälzt und doch nie zu einer Lösung kommt, sondern sich viel eher immer weiter darin verstrickt. Das ist der Bereich, in dem die ACT-Methode besonders effektiv ist.
Ein gutes Bild für so einen Konflikt ist ein Schlachtfeld auf dem man seit Jahren kämpft.
Egal was man tut, egal wie viel man sich anstrengt, wie hart man kämpft, man kommt einfach nicht voran. Die Lösung liegt in dem Fall nicht darin noch mehr Energie zu investieren um den Kampf für sich zu entscheiden, sondern zu akzeptieren, dass er stattfindet, ihn nüchtern zu betrachten...

..., aufzustehen...

...und im nahgelegenen Wald...

...spazieren zu gehen.

Und das, ohne noch einen Gedanken daran zu verschwenden, was da im Hintergrund eigentlich stattfindet.
Und das beste ist, alleine dadurch, dass man sich nicht mehr mit dem Schlachtfeld beschäftigt, tendiert es dazu kleiner zu werden. Nun mag sich der aufmerksame Leser fragen, in wieweit sich das von Ablenkung unterscheidet. Nun, es ist eigentlich ganz einfach: Wenn wir versuchen uns abzulenken, kommt die Sache von der wir uns ablenken wollen gerne wieder an uns herangeschlichen. Studien zeigen sogar, dass der Versuch etwas auszublenden erst recht dazu führt, dass es als Problem weiterbesteht und wächst, frei nach dem Motto: Denk jetzt nicht an einen pinken Elefanten.

Es ist wie ein Monster, dass sich von unserer Angst ernährt. Wenn ich wegrenne, gebe ich dem Monster genau das, was es will. Stattdessen muss ich dem Monster in die Augen sehen, es ganz nüchtern betrachten und, wenn möglich, sogar umarmen.

Vielen Dank an Ralukko, die mir erlaubt hat, ihr wunderschönes Monster-Bild zu verwenden.
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Instagram: https://www.instagram.com/ralukko/?hl=de
Artstation: https://www.artstation.com/ralukko
Und dann geht man sein Leben leben.
Doch wie sieht so ein Vorgang konkret aus?
Nun…illustrieren wir das doch einmal anhand unserer Atemübung. Der Drang Luft zu holen, der sich in unserem Körper breitmacht ist ohne Frage unangenehm. Er steht in unserem Fall für die Sorge um den Job, die Einsamkeit, die man immer wieder empfindet, den langanhaltenden Streit mit einem Familienangehörigen oder was auch immer eurer Schlachtfelder sind.
Schritt 1 wäre also nicht gegen diesen Drang anzukämpfen, sondern ihn einfach zu akzeptieren. Dann betrachten wir ihn ganz nüchtern, fragen uns, wo er im Körper eigentlich sitzt, wo er anfängt, wo er aufhört. Vielleicht schafft ihr es sogar, dem Drang etwas abzugewinnen, denn schließlich handelt es sich hierbei um ein Gefühl, dass wir eher selten haben. Schlussendlich verlassen wir dann das Schlachtfeld (das ist der Commit-Teil) und geben den anderen Aspekten unseres Seins den Raum. Versucht einmal nachzufühlen, wie es euren Füßen so geht und was eure Nasenspitze so treibt. Eventuell kommen auch ein paar andere Gedanken vorbeigezogen, die ihr beobachten könnt, ohne ihnen jedoch zu folgen.
Probieren wir das am besten einmal aus. Ihr könnt dabei gerne nochmal die Zeit stoppen, aber wichtiger ist es, ob sich das Gefühl dabei verändert. Viel Spaß!
Natürlich kann ich euch jetzt nicht fragen, wie sich das Gefühl bei euch entwickelt hat, wobei ihr das natürlich sehr gerne in die Kommentare schreiben könnt, aber erfahrungsgemäß wird der Druck einzuatmen etwas geringer und man kann das Gefühl etwas abstrakter, ohne die Dringlichkeit betrachten. Bei mir hat es auf jeden Fall einen ziemlich drastischen Unterschied gemacht, als ich diese Methode zum ersten Mal versucht habe.
Wer Lust hat, kann sich ja mal überlegen, ob es einen Bereich in eurem Leben gibt, in dem ihr diese Methode einmal erproben wollt. Vielleicht ein Beispiel aus meinem Leben. Ich bin vor nicht allzu langer Zeit Vater geworden und mein Sohn kam sehr groß, kräftig und mit einem äußerst lauten Organ zur Welt und gerade zu Beginn hat mich sein Geschrei, für das ich oft keine Ursache finden konnte, schon mehrfach an den Rand der Verzweiflung gebracht.
Also habe ich mir einmal die Zeit genommen und das Geschrei einfach als Geräusch akzeptiert, habe nachgespürt, was es in mir so auslöst und habe dabei erkannt, dass ich vollständig von Adrenalin überflutet war, wahrscheinlich um mich gleich mit einem angreifenden Bären auseinandersetzen oder so. Das war dann der Punkt, den ich wertschätzen konnte, denn mein Stress war eigentlich Ausdruck meines Verlangens meinen Sohn zu beschützen. Im Anschluss konnte ich mich dann anderen Gedanken zuwenden und das beeindruckende war, dass mein Sohn direkt absolut entspannt wurde.
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Nein, völlig gelogen…er hat weitergeschrien, aber die größere Ruhe, die ich dann hatte, hat tatsächlich auf ihn ausgestrahlt und vor allem, konnte ich seitdem besser damit umgehen, wenn er mal wieder dezent eskaliert ist...mal mehr und mal weniger…und auch das ist ein sehr wichtiger Punkt: Es ist nicht schlimm, wenn es nicht immer klappt, aber wenn man am Ball bleibt kann ich versprechen, dass es einen sehr spürbaren, positiven Effekt haben wird.
Dann würde ich sagen, fassen wir noch einmal zusammen. Wir haben eine Methode kennengelernt, die auf dem ACT-Ansatz beruht und beim Umgang mit Stress und schlechten Gedanken helfen soll. Dabei geht man zunächst in das Problem hinein und nimmt es an, akzeptiert, dass es da ist. Als nächstes betrachtet man es nüchtern und analysiert es, ohne es jedoch zu bewerten. Wie fühlt es sich genau an, wo sitzt es und was macht das mit mir? Wer es schafft, kann sogar versuchen dem Gefühl etwas abzugewinnen. Und schließlich wendet man sich dann ab und geht sein Leben leben.
Für mich hat diese Methode in jedem Fall Wunder und vielleicht ist die Methode ja auch für euch interessant.
Wenn ihr Unterstützung auf eurem Weg zum sinnerfüllten und zufriedenen Leben wünscht, stehe ich euch gerne als Coach und mit verschiedenen Seminaren und Kursen zur Seite, die ihr auf dieser Website finden könnt.
Euch alles Gute, auf ein gelingendes Leben und bis zum nächsten Mal.
Anmerkungen:
Ein besonderer Dank geht an Ralukko, die mir erlaubt hat, ihr wunderschönes Monster-Bild zu verwenden.
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