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Der innere Kritiker - Aus Feind mach Freund


Herzlich willkommen zu SinnVoll ZuFrieden.

Heute werden wir uns mit der Frage beschäftigen, wie wir unsere inneren Kritiker besänftigen und sogar auf unsere Seite ziehen können.

Bevor wir beginnen, sei erwähnt, dass es sich auch dieses Mal eure Mitarbeit gefordert wird, damit ihr den maximalen Nutzen aus dem Ganzen ziehen könnt. Die nötigen Zutaten sind dabei: Etwas zu schreiben (egal ob digital oder analog) und die Bereitschaft in Selbstgespräche abzutauchen. Um das Ganze ein wenig leichter zu machen, findet ihr hier (https://www.dropbox.com/s/agqijje5hdqsvml/Expedition%20zum%20inneren%20Kritiker.pdf?dl=0) ein PDF zum Download, dass die Aufgaben nochmal zusammenfasst und Raum für eure Notizen bietet (und außerdem wunderschön designt ist). Wenn ihr wollt, könnt ihr es entweder ausdrucken oder direkt am PC ausfüllen. Also legt euch Kopf und Stift und Tastatur bereit und dann legen wir los.


Nun denn…wer kennt sie nicht, die inneren Stimmen, die Dinge sagen, wie: "Du bist zu fett", "warum hast du nur so peinliche Sachen beim letzten Treffen mit deinen Freunden gesagt", "aus dir wird sowieso nichts", "warum kannst du nicht einfach normal sein", "du bist schuld an dem Streit", "niemand kann dich ernsthaft lieben", "du bist so faul" und so weiter.

Diese Stimmen gehören unseren inneren Kritikern und es gibt sie in ganz verschiedenen Geschmacksrichtungen. Da haben wir zum Beispiel: Den Perfektionisten, dem nie etwas gut genug ist. Den Antreiber, der uns nie zur Ruhe kommen lässt. Den Kontrolleur, der will, dass wir uns und unsere Emotionen völlig im Griff haben. Den es allen Rechtmacher, der mit Argusauge über unsere sozialen Interaktionen wacht, Den Richter, der uns für jeden noch so kleinen (und potenziell gar nicht vorhanden) fehltritt verurteilt und uns zur Selbstgeißelung aufruft. Der Vergleicher, der uns sagt, dass Thorben alles viel besser im Griff hat als Ich…ähm…du und Zu guter Letzt den Zerstörer, der sich keine Gelegenheit entgehen lässt, filigran anzumerken, dass wir halt einfach scheiße sind.

Ich persönlich kenne von dieser Liste einen…nicht…also eigentlich doch. Und das gemeine ist, dass die Schweine sich auch noch verbünden. Nehmen wir doch einmal diesen Text. Da ich bisher eher Erfahrung in der Live-Interaktion habe und sehr viel Sicherheit und Spaß durch den direkten Austausch mit anderen Menschen generiere, ist dieses Gebiet noch ein wenig fremd für mich. Entsprechend will ich alles richtig machen und der Perfektionist treibt mich dazu alles wieder und wieder zu überarbeiten. Gleichzeitig sitzt mir der Antreiber im Nacken und kommt mit Ideen, um die Ecke, wie: Warum braucht denn das so lange, du solltest doch längst fertig sein.

Eigentlich sollte man meinen, dass diese beiden Kritiker sich nicht freundlich gegenüberstehen: Mach schnell und mach gründlich sind jetzt nicht sonderlich kompatibel, aber nein…irgendwie schaffen sie es doch untereinander recht harmonisch zu interagieren und nur mir das Leben zur Hölle zu machen.

Dabei weiß ich und ich glaube jeder von uns weiß, dass man es den inneren Kritikern niemals recht machen kann. Es kann nicht so perfekt sein, dass es nichts mehr auszusetzen gibt und es kann nicht so schnell sein, dass der Antreiber anerkennend nickt. Und das ärgerlichste ist: Für all das Leid, dass man erduldet, erhält man noch nicht einmal eine Effizienzsteigerung. Nein, vielmehr führt das Ganze zur Lähmung, Demotivation und manchmal sogar zur Depression.

Insofern lässt sich leicht einsehen, warum eine Reduktion ihrer Macht eine ganz gute Idee darstellt. Wer jetzt richtig gut mit dem Richter vertraut ist könnte natürlich argumentieren: Ich hab’s ja auch nicht besser verdient und wer einen besonders lauten Zerstörer bei sich im Kopf leben hat, könnte auf die Idee kommen: Das schaff ich eh nicht…ich schaff nie etwas. Aber fürchtet nicht…auch für euch habe ich einen motivierenden Gedanken, der gar keiner Selbstliebe bedarf, frei nach dem Motto, wie man in den Wald ruft, so schallt es hinaus: Wenn man mehr Mitgefühl für sich selbst entwickelt und allgemein netter zu sich ist, kann man auch netter und mitfühlender mit anderen Menschen umgehen und ich habe irgendwie das Gefühl, dass Menschen, die sich mit solchen Themen beschäftigen, meistens daran interessiert sind, dass es nicht nur ihnen besser geht, sondern auch der Welt um sie herum.

Aber wie gehen wir die Sache an. Wie schon gesagt, innere Kritiker sind nicht zufriedenzustellen und insofern müssen wir an der Front gar nicht erst weiterdenken. Auch innere Diskussionen sind leider bestenfalls kurzfristig nützlich. So kann ich mir zum Beispiel erzählen, dass mir die Melanie gesagt hat, dass es bei Thorben doch nicht so gut läuft und das kann mich ein bisschen beruhigen und das ich so lange für diese Texte brauche ist irgendwo auch verständlich, denn da fließt eine Menge Mühe rein, aber schlussendlich kennen uns unsere inneren Kritiker einfach zu gut und finden immer Möglichkeiten, uns zu erklären, warum wir alles anders und besser und schneller und sowieso hätten machen sollen.

Unser Schlachtplan hat also mit diesen beiden Dingen nichts zu tun und folgt stattdessen dem schönen Motto: „If you can’t beat him, meet him!“. Und dafür gehen wir als allererstes auf eine kleine innere Expedition (und hier beginnt dann auch der interaktive Teil).

Ihr werdet also gleich die Augen schließen und einen inneren Kritiker eurer Wahl beschwören. Für den ein oder anderen klappt das einfach, aber falls ihr Schwierigkeiten damit habt, könnt ihr euch innerlich an einen Ort zurückversetzen, an dem der innere Kritiker besonders aktiv war: Abends im Bett zum Beispiel, als ihr vor lauter Selbstvorwürfen nicht schlafen konntet oder auf der Couch nach der Party, auf der ihr gefühlt viel zu wenig gesagt habt.

Ihr beschwört also diesen inneren Kritiker und spürt dann, wie er beginnt sich in eurem Körper auszubreiten. Ganz langsam, ganz vorsichtig, sodass ihr nicht von ihm überwältigt werdet. Als Beispiel: Wenn ich meinen inneren Perfektionisten beschwöre, spüre ich, wie sich vom Solarplexus ausgehend, Druck in meinem Brustkorb ausbreitet.

Wenn ihr diesen Punkt erreicht habt und ihr spürt den inneren Kritiker in euch, werdet ihr mit noch immer geschlossenen Augen in euch hineingreifen, ihn packen und vor euch absetzen. Und ich weiß, dass das furchtbar albern klingt, aber ich verspreche, es funktioniert.

Und wenn er dann vor euch sitzt, könnt ihr ihn euch einmal genau anschauen. Wie sieht er aus? Hat einen Namen oder wollt ihr ihm einen geben? Was sagt er zu euch? Mit welcher Stimme spricht er? Was denkt er von euch? Was möchte er von euch?

Der ganze Prozess kann einen Moment brauchen, aber es ist ein entscheidender Schritt. Wer will, kann jetzt das Arbeitsblatt oder einfach Zettel und Stift zur Hand nehmen und die Expedition beginnen, oder ihr lest euch erstmal die restlichen Schritte durch.


Darf ich vorstellen? Das ist Myrdred. Myrdred ist mein Antreiber. Wenn Myrdred mit mir spricht, dann sagt er Dinge wie: Beweg endlich deinen Arsch. Wenn du eh schon liest, sollte es zumindest Fachliteratur sein. Du musst einfach länger arbeiten und viel früher aufstehen und dann schaffst du es auch. Und seine Stimme ist sehr fest, streng und donnernd. Myrdred hält mich für einen faulen Sack und möchte, dass ich immer arbeite.

Und in diesen letzten Punkten steckt auch schon die Tür zu Schritt 2. Und dieser lautet: Erkennen, dass der innere Kritiker eigentlich gar kein Feind ist. Es ist Zeit sich zu fragen, was der Zweck des inneren Kritikers ist. Falls euch die Antwort schwerfällt, könnt ihr euch vorstellen, dass ihr weggehen und den inneren Kritiker einfach zurücklassen könntet. Er wäre einfach weg…alles von ihm…schön, oder? Wer möchte, kann jetzt nochmal innehalten und sich überlegen, was der Zweck des eigenen inneren Kritikers ist. Ansonsten, lest einfach weiter.


Hier ist die Wahrheit über Myrded. Er geht (oder ging) mir gehörig auf den Sack, aber ich möchte ihn nicht missen. Er steht für meinen inneren Antrieb, für den Wunsch meine Ziele umzusetzen und ganz ohne ihn wäre ich nicht nur ein anderer, sondern ohne Frage auch ein schlechterer Mensch. Was euer Kritiker schlussendlich will, kann ganz unterschiedlich sein. Der es allen Rechtmacher will vielleicht dabei helfen, dass ihr soziale Anerkennung erfahrt und starke Beziehungen aufbaut, der Kontrolleur kann dabei helfen, immer Herr der Situation zu bleiben und sich nicht Spott und Häme auszusetzen und sogar der Zerstörer schützt einen vor Enttäuschung und zu hohen Erwartungen.

Vielleicht reicht dieser Schritt schon, um die Angst vor dem inneren Kritiker ein wenig zu reduzieren, aber jetzt ist es Zeit den Vorhang endgültig beiseitezuziehen und den Zauberer von Oz als das zu enttarnen, was er eigentlich ist. Und diesen Schritt können wir einfach gemeinsam ohne Pause durchziehen.

Wir haben den Guten ja schon personifiziert. Er hat ein Aussehen, vielleicht einen Namen, eine Stimme, etc. und jetzt stellt euch bitte vor, dass ihr ihn nicht kennt und eines schönen Tages geht ihr auf eine Party und da ist er. Was für ein Typ ist das? Ist er sicher oder unsicher? Beeindruckend oder Albern? Stellt es euch einmal vor. Mein Tipp ist, dass ihr einen Perfektionisten nicht ernst nehmen könntet, ein Kontrolleur käme euch wahrscheinlich äußerst hilflos vor und ein Zerstörer wäre das Äquivalent eines Goth-Kids, dass euch die ganze Zeit erzählt, wie schrecklich die Welt eigentlich ist und das alles überhaupt keinen Sinn ergibt (Als Anmerkung: Ich war selbst Goth, also darf ich mich drüber lustig machen…und die Musik ist immer noch gut). Und das ist also das Wesen, dass euch als gestandenem Menschen, der so viel er- und überlebt habt sagen darf, was ihr zu tun zu lassen habt? Irgendwas hier ist falschrum. Euer innerer Kritiker sollte nicht tadelndes Elternteil spielen dürfen, sondern andersrum. Der innere Kritiker ist ein außer Rand und Band geratenes, aber eigentlich herzensgutes Kind, dass ein wenig gestrenger, aber auch liebevoller Führung bedarf, damit es seine Potenziale zum Positiven entfalten kann.

Und da sind wir beim letzten Schritt. Der innere Kritiker hat nämlich durchaus Potenzial. Er will Gutes, aber schießt so weit über das Ziel hinaus, dass es das Gegenteil bewirkt. Wenn wir ihm aber seinen Platz im inneren Orchester geben, dann kann diese Energie absolut positiv für unser Leben wirken.

Es ist jetzt also Zeit auf unseren inneren Kritiker zuzugehen und ich hoffe, dass er schon ein wenig an Schrecken verloren. Wir gehen also auf dieses verängstigte und hilflose Wesen zu und sagen: Danke.


„Danke Myrdred für deinen Versuch mir den Antrieb zu geben, um meine Ziele zu erreichen, deine Arbeit ist wichtig und ich möchte dich nicht loswerden. Aber du bist zu laut, zu dominant und du erreichst genau das Gegenteil von dem, was du erreichen willst. Du darfst dich In Zukunft gerne melden, wenn du glaubst, dass ich dich brauche, aber wenn es mir zu viel wird, werde ich dich einfach ignorieren und mein Ding machen."

Und dann nehmt ihr euren neuen Verbündeten und setzt ihn wieder an den richtigen Platz und kehrt dann von eurer inneren Expedition zurück.

Es erfordert ohne Frage eine gewisse Überwindung mit sich selbst so ins Gespräch zu gehen und man muss ein wachsames Auge auf den Kritiker werfen, um sicherzugehen, dass er sich an seine neue Rolle gewöhnt und nicht wieder in alte Muster zurückfällt. Da es sich bei diesen alten Mustern um lang eingeübte Prozesse handelt, wird das fast sicher geschehen und das ist auch völlig in Ordnung, solange man sich dessen bewusst ist und entsprechend eingreift. Mit der Zeit wird es besser werden.

Für mich funktioniert dieser Prozess in jedem Fall gut. Myrdred und Kumpanen sind zwar manchmal immer noch zu laut, aber es wird immer besser. Früher hätten sie mich ohne Frage vollständig davon abgehalten diesen Text zu schreiben...insofern: TADA!


Und damit bedanke ich mich für eure Aufmerksamkeit und wünsche euch für euren Weg viel Erfolg. Falls ihr wünscht, stehe ich euch gerne beim Kampf mit inneren Kritikern und bei anderen Herausforderungen als Coach und mit verschiedenen Seminaren zur Seite, die ihr auf dieser Homepage findet. Ich freue mich in jedem Fall auf das nächste mal und auf ein gelingendes Leben.

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